aus:
http://www.alice-miller.com/bucher_de.php?page=6
Der Patriarch in seiner Vorstellung der Unterwerfung der Natur, als Naturgesetzglauben für den Neoliberalismus, glaubt einfach, er muss sich nur die Kreisbewegung zu Nutze machen, indem er sie einfach genauso begeht oder durch sie hindurchgeht, sodass damit schon das, was sie ausdrücken soll, das alte matriarchale Denken wieder zerstört wird, so wie es sich in der Vergangenheit handelnderweise evtl. bewiesen hat, dann ist das genau das alte dumme, reaktionäre, unreflektierende NichtVerständnis-Verhalten, wie u.a. die des Herrn S., das lediglich das Äussere betrachtet.
Entweder "mann" hat die Liebe oder "mann" hat sie nicht. Entweder "mann" wird von der Göttin (kosmische Naturnähe und -Verständnis) geleitet oder "mann" wird nicht geleitet. "Mann" kann es nicht künstlich erzwingen, so wie eine künstliche Kultur aus Gewalt, Herrschaft, Unterwerfung und Gehorsam aufgebaut hat. Entweder "mann" denkt matriarchal oder "mann" denkt nicht matriarchal.
Wenn er also die Form nachzeichnet, um davon zu profitieren und das Geschehn - die Verbindung allen Seins in der matriarchalen Gedankenwelt - in seinem Sinne der Alchemie des Patriarchats anzugleichen und umzuformen versucht, dann wird die Spirale starr und bewegungslos und formiert sich an anderer Stelle neu, um sich wieder neu aufzubauen an derselben alten Stelle, wenn er vorbei ist.
Dieser gedankenlose unreflektierte Alchemist glaubt, daß es sich hier lediglich um Esoterik handelt, die er mit seiner künstlichen Magiewelt aus geborgten Symbolen, die er in seinem Sinne umgeformt hat zu einem "Teile und herrsche", einfach wieder unterwerfen kann nach der alten chemischen Formel, die er sich ausgedacht hat.
Aber darum geht es nicht.
Es geht nicht um ein Entsammeln (Kontrolle, Isolieren, Ignorieren und Aburteilen, Konstruiieren von geistigen Verbindungen, die nicht bestehen, wie es die Alchemie-Esoterik tut, und damit verbundene bierselige Brutalität erzeugt aus einer Atmosphäre von Haß und Gewaltbereitschaft gerade von kirchlicher feministischer und fundamentalistischer Seite, die in dem patriarchalen Zerr-Konsens sich verbunden glaubt, dass es dabei um einen Plan der Vernichtung von Männern geht), es geht nicht um das, wo sich Herr S. und andere Patriarchen an Stelle von ..... setzen durch Psychoterror - der eh nur akustische Bedeutung hat - und Ausbeutung unter scheinbarer bereitwilliger Anpassung zur Herrschaftsgewalt durch Gewalt als die besseren Mütter mit angepassten Frauen, die von der Macht dieser Gewalt ebenfalls profitieren wollen.
Darum sei wichtig, daß man merke, was mit matriarchalem Denken und ihren Vertretern und Vertreterinnen los ist. Und das muß man rechtzeitig merken, weil wie bei totalitären System - wie der patriarchalen Mortifikation - mit allen Mitteln verhinden werden muß, daß sich das weiter ausbreite. Wohlgemerkt: mit allen Mitteln! Das ist der Jargon einer Hexenjagd.
Es geht vielmehr um Integrität, Interdependenz/Kontakt mit anderen: Akzeptieren, Erkennen, Wertschätzung, Nähe, Geborgenheit, zur Bereicherung des Lebens beitragen, Gemeinschaft, Liebe, Respekt, Unterstützung, Vertrauen, Verständnis und Zugehörigkeit: kurz um eine andere Gesellschaftsform, die die drängendsten Probleme beheben hilft aufgrund des natürlichen innewohnenden Naturgesetzes, welches das künstliche Gesetz des Neoliberalismus, der sich zur Natur erhebt und die Menschen - vor allem die Frauen - zu Maschinen entmenschlicht, die wie im TÜV ("Technischer Überwachungsverein") überprüft und nach zweifelhaften Kriterien als Wegwerfware behandelt, entlarvt: (Dabei muss diese moderne Hexenjagd gar nicht mehr von den Inhabern patriarchaler Macht selbst besorgt werden, denn sie wird heute überwiegend von Frauen gegen Frauen betrieben. Dabei wird anpäßlerisch dem Patriarchat zugedient, welches großen Erfolg damit hat, Frauen untereinander zu spalten. Denn noch immer sind es die patriarchalen Institutionsen, welche die Definitionsmacht und damit die Festsetzung von Wertmaßstäben ebenso wie die Verteilung von Positionen und Gü´tern innehaben, weshalb die Machthabenden dort letzlich die Verursacher solcher Vorgänge sind.) (Seite 87)
1². Das Rätsel um Matriarchat und Patriarchat beginnt sich zu lösen, wenn man sich mit der Etymologie beschäftigt:
Das Wörtchen
archè (Patri
archat, Matri
archat, Hier
archie, An
archie,
Architektur,
archaisch..) bedeutet zunächst keineswegs Herrschaft, sondern Anfang, Beginn, Ursprung, Uterus. Demnach hieße Matriarchat ganz einach: "..am Anfang der Mütter" (vgl. Göttner-Abendroth 1989) oder die Mütter als Anfang, was zunächst nichts anderes bedeutet, als daß neue Leben von Müttern kommt und diese sich um diese Tatsache herum organisiert haben. Matriarchate sind Gesellschaften, in denen sich Frauen und Mütter zusammentum, um die Existenz neuen Lebens zu sichern, dieses Leben zu pflegen, sich daran zu freuen und es in den Mittelpunkt der Gemeinschaft zu stellen. Alle Beschreibungen matriarchaler Gesellschaften entsprechen diesem Bild.
Patriarchat hieße dann aber nicht mehr Väterherrschaft, sondern, am Anfang die Väter oder Väter als Anfang des Lebens. Dies wiederum wäre schwer zu verstehen. An welchem Anfang stehen "Väter"? Sie stehen jedenfalls nicht am Anfang des ins Leben tretenden Lebens. Deshalb gibt es in matriarchalen Gesellschaften auch keinen Begriff für "Vater". Männer im Matriarchat sind Brüder, Onkel, Söhne, Geliebte, "Heros" und Ehemänner. Die Göttin-Heros-Struktur stellt nicht das Verhältnis von Frau und Mann im Matriarchat dar, sondern im symbolischen Bild das von Natur und Mensch. Dabei ist der Mensch (als Frau und Mann) gegenüber der kosmischen Natur (Göttin) ein vergängliches Wesen, das von ihr zum Leben geboren und in den Tod geholt wird, um bald darauf wiedergeboren zu werden. (Seite 84) In dem Moment, als überhaupt von "Väter" die Rede ist, stehen sie am Anfang von Herrschaft. Deswegen wird Patriarchat meist mit Herrschaft der Väter übersetzt. Die Sache ist damit aber noch keineswegs erledigt. Denn was bedeutet hier "Väter"? Und was bedeutet ihre "Herrschaft"? Worüber, von wem, wie und warum wird geherrscht?
Der "herrschende Vater", der Patriarch, setzt sich an den Anfang der Herrschaft wie den des Ursprungs, als angeblicher Schöpfer des Lebens, ist er der "Herr", von dem alles herkommt und abstammt: der Stamm-"Vater". Von nun an gibt er den Namen weiter, ist sein Ort der, wohin die Frauen gehen, ist er der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Gemeinschaft. Es fällt auf, daß im Patriarchat alles umgekehrt wird, was im Matriarchat galt: Statt Mutter steht nun Vater. Das bedeutet aber auch eine Usurpation der Mutter, ihrer Verehrung, ihres "guten Rufs" und der langen historischen Erfahrungen, die man mit ihr hat. Die Mutter wird angeeignet für die Zwecke des Patriarchats und damit in ihrer Bedeutung negiert und pervertiert. Denn es wäre ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Männer ihre Verantwortung für das Leben wahrnehmen würden, um es den Müttern gleichzutun. Aber dann hätten sie keine patriarchale Gesellschaft gebraucht, denn genau das taten sie ja im Matriarchat. Der Begriff des Patriarchats im Sinne von "am Anfang die Väter", bzw. Vater als Anfang des Lebens zeigt uns dagegen, daß es hier um etwas völlig anderes geht. Wenn die Väter sich als Ursprung setzen, dann nicht auch, zusammen mit den Müttern, sondern gegen sie, an
ihrer statt. Das Patriarchat ist also auch von seinem Begriff her eine Kampfansage an die Frauen und ihre "mütterliche" matriarchale Gesellschaftsordnung, an die Natur und das Leben, insofern es in Müttern und nicht in Vätern entsteht. Es ist aber auch eine Kampfansagen an die bisherige Wahrnehmung, an die Sinne, das Denken und Fühlen, das nun konfrontiert wird mit einer Lüge, die sich als odnungsmächtiges Programm, Projekt und utopische Zielvorstellung der neuen Gesellschaft verkleidet. Patriarchate müsser der Zyklizität und Eigenständigkeit der Welt eine evolutionäre Theorie und starre Entwicklungsrichtung vorgeben, die darin gipfeln soll, daß in einer utopischen Zukunft, in einer "höheren" Gesellschaftsformation alle Abhängigkeiten vom irdischen Leben, der Natur und den Frauen, der Materie und den Sinnen überwunden wären.
Das Patriarchat will also die matriarchale Gesellschaft, den bisherigen Normalfall, nicht akzeptieren, sondern sich unterwerfen und letztlich zerstören. Es will von ihr in jeder Hinsicht unabhängig werden und sie
ersetzen durch eine mögliche bessere, ziviliserte, höhere und kultiviertere, ja der angeblichen Evolution der Natur angemessenere Gesellschaftsform. Es sei der Urspung des Lebens eigentlich der Gattung der Männer zu verdanken, insbesondere den "Vätern", Herrschern bzw. Institutionen, die angeblich neues Leben schaffen können, die Schöpfer, die nun an die Stelle der Schöpferinnen, die Götter, die plötzlich an Stelle der Göttinnen treten und die Schöpfungspotenz, die Lebensmacht, nun als Macht
über, und das heißt gegen das Leben für sich beanspruchen. Erst diese völlig neu verstandene Macht, die "politische" Macht, erringen und erhalten zu wollen, bedeutet Herrschaft.
Wie unmittelbar sich die ersten Patriarchen als Lebensschöpfer verstanden, wird z.B. deutlich am Pharao Echnaton, der sich nicht nur als Gründer des ersten Monotheismus, der Aton-Religon hervortat - wie auch als Gründervater der ersten Freimaurerloge herangezogen werden sollte und auch wurde - sondern auch als schwangeren Mann darstellen ließ (vgl. Wolf 1994)
(....)
Im Patriarchat entsteht demnach auch eine völlig neue Form der Gewalt, eine "Denkgewalt" (Ernst 1990), bei der schon verfügend, unterwerfend, benutzend und eliminierend gedacht wird, bevor es überhaupt zur entsprechenden Handlung kommt. Patriarchale Gewalt ist dadurch auch von uns an für den Frieden, für den Alltag und für alle gesellschaftlichen Verhätlnisse kennzeichnend. Die Gewaltförmigkeit ist von un an überall.
So sehr sich patriarchale Gesellschaften von ihren matriarchalen Vorgängern auch unterscheiden, ihre Legitimation, die sie auf Dauer benötigen, können sie ummer nur aus dem Ansehen, dem Respekt und der Kraft, die in der alten Gesellschaft den Frauen zugeschrieben, bzw. durch sie erfahren wurde, schöpfen und sich selbst zuzuschreiben versuchen. Denn eine davon unabhängige Legitimation gibt es nicht. Deswegen rechtfertigen sich Patriarchate immer damit, die "besseren Matriarchate" zu sein, die Herrscher führen sich auf als die "besseren Mütter". Da es dafür aber keine materielle Grundlage gibt, und es sich um eine leicht durchschaubare Täuschung handelt, sind Patriarchat und Herrschaft in den Augen der Unterworfenen immer tendenziell überflüssig, prekär, widerlegbar und irgendwie lächerlich. Gerade deswegen rüsten sich Patriarchate mit Pomp, Geheimnissen, Militär, Drohgebärden, Gesetzen und Gewalt- Kulten aus, die alle gemeinsam haben, daß sie gebraucht werden, um einer angeblich bestehenden Gefährdung von "Freiheit" und ständig beschworener "Not" wirksam zu begegnen und damit die patriarchale Gesellschaftsordnung vor irgendeinem "Untergang" zu retten.
Es ist das Verdienst der Matriarchatsforschung, der Diskussion über Gewalt und Geschlecht in der Frauenforschung ihre historische Tiefe und einen umfassenden theoretischen Hintergrund gegeben zu haben. Sie hat das große Tabu des Patriarchats, die Gewalt, in allen ihren Bedeutungen aufgedeckt. Daher wird die Matriarchatsforschung so massiv angegriffen - wie es im übrigen auch mit diesem Aufsatz der Fall war.
2². Es geht um das Thema "Gesellschaftsformen", nämlich die matriarchale, und die patriarchale, die sie gleichzeitig analysiert.
³ Damit wird endlich deutlich, warum das Patriarchat seit seinem Beginn vor rund 5000 Jahren nicht einfach bloß "Männerherrschaft" bedeutet, sondern Herrschaft nur die Vorbedingung als Begleiterscheinung eines viel umfassenderen Projekts ist. Dieses Projekt des Patriarchats besteht in nichts Geringerem als dem Versuch der - insbesondere seit der Moderne gerade auch technologischen -
Ersetzung der frauen- und naturgeschaffenen Welt durch eine männliche "Schöpfung", die besser, edler, höher, ewig und vor allem in Zukunft gänzlich unabhängig sein soll von Frauen und Naturbedingungen überhaupt.
(...) Damit sind sie mitten in der neuesten Phase des Patriarchats als "Alchemistisches System" gelandet, wo es eben darum geht, die Gesellschaft endlich von der Abhängigkeit von Müttern und Natur- also von diesen selbst - zu "befreien". Das heißt aber keineswegs, dass das Patriarchat sich selbst oder die Frauen vom Patriarchat befreien will! Im Gegenteil, es will endlich selbst "schöpferisch" sein und eine
Gegen-Welt, Gegen-Natur und einen
Gegen-Leib schaffen. Dazu werden die bestehende Welt und Natur sowie der gegebene Leib erst einmal abgeschafft -
zerstört -, um hinterher oder auch gleichzeitig angeblich diene höhere und bessere neue Welt, Natur und "Leiblichkeit" herzustellen.
Wo ist der Beweis, dass dieses Projekt im unterstellten positiven Sinne möglich ist? Wieso glauben Frauen an die Paradoxie, dass sie durch die Vervollkommung des Patriarchats gleichzeitig von ihm befreit werden? Warum sind sie nicht misstrauischer gegenüber derartigen Versprechungen? Wo ist ihr Wissen um Leib und Natur geblieben? Denn bei diesem Unternehmen werden sie höchstens um ihren Leib gebracht, und das heißt um das Einzige, was sie als Lebensgrundlage und als Basis von Geist und Seele haben. Daher? Gibt es ohne Leib keine Leibeigenschaft? Was ist ein leibfreies Leben? Gibt es ohne Leib überhaupt ein Leben.
Wieso also machen diese Frauen es denn nicht umgekehrt? Sie könnten ja sagen, unser Leib und die Natur sind ja wohl nicht das Problem, sondern der patriarchale
Umgang damit.
Den sollten wir nicht mehr zulassen, anstatt den Leib - und mit ihm uns? - nun endgültig zu opfern und das Patiarchat genau damit auch noch beizubehalten, ja so zu stärken, dass es sich seiner "Reinheit" und Vervollkommung tatsächlich annähern kann!
(...) Das dazugehörige und von mir so genannte
"alchemistische Denken" ist also von manchen Frauen übernommen worden: nämlich die bereits in der Alchemie vor langer Zeit propagierte Methode des "Teile und Herrsche" über die Materie, um aus ihr durch Transformation und Neuzusammensetzung der herausgelösten Stoffe zu einer
männlich gemachten, statt weiblichen geborenen Ersatzwelt zu gelangen (vgl. Kap. 8).
Welch ein Sieg des Patriarchats, dass ausgerechnet seine Projekte einer
"Schöpfung aus Zerstörung" auch bei Frauen Anklang finden!
(...) Logisch ist, daß dabei die alte
Kapitalismusdefinition, die wir immer schon kritisiert haben, vor aller Augen zerfällt: Kapitalismus bedeutet eben nicht einfach nur die Existenz von Kapitalisten und Lohnarbeitern, sondern Kapitalismus bedeutet die sukzessive Verwandlung aller Arbeitskraft, allen Bodens und allen Lebens, ja der Erde selbst in Waren/Geld/Maschinerie/"Kaptal". Ob und inwieweit daher Lohnarbeit entsteht, ieben
nicht das Problem des Kapitals. Es ist höchstens das Problem der Gewerkschaften.
Wie wir aber sehen, setzt sich dabei die
Hausfrauisierung - eta als "Prekarisierung" - anstatt der sogenannten Proletarisierung der Lohnarbeit nicht nur unter Frauen, sondern heute auch unter Männer durch. (...) Alle produzieren Waren, und verkaufen sie, aber oft nur als neue Sklaven oder Leibeigene, neue Zwangsarbeiter und unfreiwillige "Hausfrauen", das heißt praktisch umsonst. Das sichert viel mehr Profite und Wachstum für die Konzerne als die reguläre "proletarische" Lohnarbeit! (vgl. Kap.2) Dass damit aber auch der Rassismus, der Sexismus und der Rechtsradikalismus zunehmen "müssen", ist politisch noch kaum analysiert worden. (City-Team, WSO oder wie die privaten Dienstleister auch alle heißen mögen, sind also nicht nur dazu da, die Waren zu schützen vor unerlaubtem Zugriff im Sinne des Patriarchats, sondern sie sollen vor allem dafür sorgen, dass die "Hausfrauisierung" bestehen bleibt, dass die Frauen im Sinne des Patriarchats produzieren und tätig sind, wobei diese Frauen "geschützt" werden müssen vor allen "bösen" Erinnerungen ihrer eigenen Natur. Im Grunde geschieht hier eine perverse Verdrehung der Geschichte der Frauen, eine seelische Vergewaltigung, ein körperlicher Horror, der mit geeigneten Medikamenten und anderen Suchtprogrammen Nikotin, Alkohol, Fitness, Kosmetik zugedeckt werden soll.
Was aber bisher in Politik, Wissenschaft und Bewegung am allerwenigsten verstanden wird, ist, dass es letztlich überhaupt
nicht um Verteilungsprobleme geht, sondern darum, dass die "alchemistische" Verwandlung von Mensch und Natur in Boden, Arbeitskraft und Kapital (Waren, Geld, Maschinerie, Kommando) kein produktiver, sondern ein zutiefst
destruktiver Vorgang ist. Er kostet das Leben - alchemistisch gesprochen ist er eine allgemeine "Mortifikation" - eine
Tötung.
Das bedeutet - und wir erleben es jetzt täglich -, dass der allererste Schritt darin bestehen muss, die alchemistische Zerstörung der Welt und des Lebens durch Warenproduktion, Maschineneinsatz und Kapitalakkumulation, bzw. Geld - und Profitstreben auf der Stelle zu beenden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es besonders für Männer und zunehmend auch Frauen schwer zu sein scheint, sich vom Glauben an den technischen Fortschritt und die kapitalistische Wohlstandspropaganda und insbesondere vom Patriarchat zu verabschieden. Um diese Fragen wird der Streit wohl noch lange dauern, und er wird zur Zeit immer heftiger bei denen, die noch an die bürgerlichen Institutionen glauben, obwohl sie längst zerfallen - wie der Nationalstaat, der Sozialstaat, die Parteien, die heutige Demokratie als "politisches System", die Gewerkschaften, die Familie, die Ehe, der Arbeitsplatz und die Menschenrechte (von Werlhof 2009b)
(...)
Frauen werden zunehmend dazu angehalten, die drohende Unterversorgung durch zunehmende Versorgungsarbeit im Haus wett zumachen. - Mülleimer putzen, z.B. das an das Macht-System des Patriarchats begeisterte angepasste ältere Frauen begeistert auf sich nehmen, ohne den Hintergrund erkennen zu wollen. Die Arbeitsbelasung und Unterbezahlung der Frauen nimmt dabei unerträgliche Ausmaße an, zumal diese generell gerade auch außerhalb des Hauses nur mehr miserabel bezahlte, nämlich "hausfrauisierte" Arbeit (Bennholdt-Thomsen u.a.1992,) vorfinden, auf die sie dennoch angewiesen sind. Gleichzeitig macht die Kommerzialisierung auch vor der Haustür nicht halt. Selbst die Hausarbeit wird z.T. vergesellschaftet und zum "Arbeitsplatz" umfunktioniert - neue Dienstmädchenfrage -, ohne deswegen aber ihren Charakter als prinzipiell nicht oder kaum entlohnte Arbeit endlich zu verlieren (von Werlhof2004).
Außerdem werden Frauen immer mehr in die Prostitution gezwungen (Isla2003), 2005), die inzwischen einen der größten Geschäfte weltweit ist. Das zeigt nicht nur, wie wenig "Emanzipation" dazu führt, dass Frauen Männern "gleichgestellt" werden, sondern auch, dass "kapitalistische Entwicklung" keineswegs in einer Zunahme "freiere Lohnarbeitsverhältnisse bestehen muss, wie bisher von Links meist behauptet (Wallerstein 19079). Wäre dies der Fall, dann würde Neoliberalismus bedeuten, dass der Kapitalismus gerade - und auch noch freiwillig - in dem Moment verschwindet, wo er seine größte Ausdehnung erreicht.
³ So reagiert die patriarchale Gesellschaft bisher ohne Panik auf die Abkehr von Frauen. Denn sie geschieht meist im
"patriarchalen Geist" und arbeitet ihm auf dem Wege von "Gleichstellung" und "Gleichberechtigung" auch noch zu. Wenn allerdings die Utopie des Patriarchats scheitert und wenn sich die Abkehr der Frauen auch noch ent-patriarchalisieren oder gar "matriarchalisieren" würde, dann sähe die Sache plötzlich anders aus!
² Und schließlich gibt es neuerdings noch den Beitrag der "Gender"-Forschung dazu. In ihr wird jede Erinnerung an matriarchale Gesellschaft, ja sogar die Tatsache, daß wir alle von Müttern stammen und deswegen die Mütterfrage die Grundfrage jeder Gesellschaft ist, nicht nur negiert, sondern jeder Versuch in diese Richtung als "konservativ", "rückständig" oder gar "reaktionär", ja "faschistoid" diffamiert - weil sich der Nationalsozialismus, allerdings auf seine Weise, auch mit der Mütterfrage beschäftigt hat. Für diese neueste Variante der Diskussion stellt sich die Frage nach einer angeblichen Mütter-Herrschaft bzw. ein "Matriarchat" einfach deswegen nicht (mehr), weil die neuen Reproduktionstechnologien versprechen, daß in Zukunft das Leben sowieso ohne Mütter geboren werden wird - angeblich soll das bereits der Fall sein (von Braun2000) - in endlicher Realisation des altpatriarchalen Traums: "Es gibt auch ohne Mutter Vaterschaft" (vgl. Treusch-Dieter 1990).
³ Die "Gender-Frauen" wollen eigentlich gar nicht mehr als Frauen angesprochen werden, weil das als "essenzialistisch" gilt, die keine Patriarchatskritik, zumal nicht im hier definierten Sinne, wünschen, und schon gar kein Interesse an einer Matriarchatsforschung oder gar an einem neuen Verhältnis Frauen-Leib-Natur haben. Sondern die "Gender"Bewegung will, daß Frauen innerhalb des modernen Patriarchats als den Männern Gleiche und Gleichberechtigte anerkannt werden, ganz einfach erst einmal aufsteigen und wie Männer an die Macht kommen.
Damit werden sie auch politisch zu "aktiven Objekten" (Genth 2002) und "bewussten Mittäterinnen" (Thürmer-Rohr 1989) im heutigen Drama, in Demokratien ebenso wie in Diktaturen (von Werlhof 2010). Daran zeigt sich, dass die Spaltung zwischen den Frauen ein wirklicher Antagonismus geworden ist und die ganze zivilgesellschaftliche Bewegung lähmt (vgl. dazu vorher von Werlhof 1996, von Werlhof/Ernst/Schweighofer 1996, zuletzt von Werlhof 2009c)
²
Die Matriarchatsforschung ist eine junge Wissenschaft und befindet sich in Entwicklung und die noch längst nicht abgeschlossen beurteilt werden kann.
Ausserdem kann und muß sie nicht wie die traditionelle, überreife Wissenschaft jede abwegige Spezialdiskussion zur Kenntnis nehmen, denn sie trägt die Züge eines neues Paradigmas, das von einer anderen Basis ausgeht.
An Vorwürfen vonzeiten einzelner Disziplinen ist besonders befremdlich, daß sie in der Regel kritisieren, ohne den Inhalt der Forschung zur Kenntnis zu nehmen.
Das weist daraufhin, daß hier intellektuelle Blockaden zugrunde liegen, die aus dem eigen patriarchalen Weltbild stammen, das insbesondere in den diversen Kultur- und Sozialwissenschaften so tief sitzt, daß es gar nicht mehr wahrgenommen wird.
Die problemlösenden Möglichkeiten der modernen Matriarchatsforschung sowohl in theoretischen wie in sachlicher Hinsicht, kommen dabei überhaupt nicht mehr in den Blick, ganz zu schweigen davon, daß auf ihrem Boden ein alternativer Gesellschaftsentwurf möglich ist, die brennende gesellschaftliche Probleme überwinden helfen kann.
Die Angreifer sind einerseits Männer, die ihren materiellen, psychischen und geistigen Besitzstand im Patriarchat nicht gefährdet wissen wollen, andererseits Frauen, die an diesem Besitzstand teilhaben wollen oder bereits teilhaben.
Letztere vertreten gewohnheitsmäßig die vom Patriarchat gegen Frauen durchgeführte Spaltungen in "gute" (angepaßte) Frauen und in "böse" (nicht angepaßte) Frauen, wobei sich sich durch heftige und sehr emotionale Abwehr der "bösen" Frauen vor den Männern als die "guten" Frauen zu legitimieren versuchen.
Der Faschismus wird von der Matriarchatsforschung als der konsequente Gipfel der patriarchalen Entwicklung dargestellt. Gerade die Matriarchatsforschung ist es, welche den Faschismus als Allianz aus Industriegesellschaft, Militarismus, Führerkult und Rassenwahn beschrieben hat.
³
Darüber hinaus ist es gerade diese matriarchale Spiritualität, welche nicht nur auf manche Matriarchatsforscherin, sondern auch auf andere Menschen anziehend und innerlich verändernd wirkt, denn sie ist eine äussert lebensfreundliche Haltung, welche die gegenwärtige Gesellschaft nicht besitzt.
Matriarchale Spiritualität kennt außerdem keine Trennung von Sakralem und Profanen, eine Spaltung, welche die patriarchalen Gesellschaften durchziehen, wobei das Profane zur empfindungsfeindlichen, traum- und visionslosen "nüchternen Realität" verkommen ist und das Sakrale zur vom Alltagsleben abgetrennten und daher wirkungslosen Amtskirchenreligion mit ihrer Scheinheiligkeit.
An den Vorwurf, wie "gefährlich" dies sei, schließt sich in der Regel gleich der zweite an, daß das Ausüben matriarchaler Spiritualität "unpolitisch", "entpolitisierend" und "irrational" sei, ganz so als wäre die heutige Politik völlig logisch und vernünftig.
Bereits die Matriarchatsforschung ist wegen ihrer ausdrücklichen Patriarchatskritik viel tiefgreifender politisch als diese offizielle Politik, denn sie enthüllt die Grundlagen des gegenwärtigen zerstörerischen Systems - wäre sie sonst den Vorwürfen aus den unterschiedlichsten politischen Lagern ausgesetzt? Insofern ist die matriarchale Spiritualität, die auf diesen Erkenntnissen beruht, wesentlich politisch und vermittelt dies in einem noch komplexeren Sinne als die rein intellektuelle Arbeit. Denn sie kann den Menschen auf allen Ebenenen, der geistigen, der seelischenund der leiblich-expressiven, zu Bewusstsein bringen, was das Patriarchat mit ihnen macht und was die Vision einer nicht-patriarchalen Gesellschaft bedeutet
Die Matriarchatsforschunghat eine hochgradig politische wie auch spirituelle Dimension. Diese werden ausdrücklich definiert und unter Sichtbarmachen der verschiednen Strukturen, die zu jeder von ihnen gehören, miteinander verschränkt. Das steht in auffallendem Gegensatz zum patriarchalen Vorgehen, bei dem Wissenschaft, Politik und Religion künstlich voneinander getrennt werden und sich dadurch verdeckt und unklar aufeinander beziehen, womit irrationale Machts- und Herrschaftsformen darin reichlich Raum finden und gleichzeitig verschleiert werden. Wenn nun ausgerechnet den MatriarchatsforscherInnen wegen ihrer klar begründet und offen gehandhabten Verbindung dieser Bereiche Irrationalität vorgeworfen wird, dann handelt es sich hier um einen klassichen Fall von Projektion der eigenen uneingestandenen Muster:
das Verbannte Wissen Alice Miller's.
² aus: Claudia von Werlhof u.a. Die Diskriminierung der Matriarchatsforschung - Eine moderne Hexenjagd - , Bern 2003
³ aus: Claudia von Werlhof: West-End. Das Scheitern der Moderne als "kapitalistisches Patriarchat" und die Logik der Alternativen, Köln 2010
shiftdude22 - 25. Sep, 08:35