21
Sep
2011

Tagebuch nach Alice Miller

Irgendwann in diesem Jahrhundert im letzten Jahr im Dezember
Eine Kirche. Ein Eingang. Ein Küster. Ein Kircheninneres voller Menschen. Alle schauen mich an, als ich im Seitenschiff Platz nehme als Einziger. Denke, die wollen, dass ich mich zu ihnen setze. Ganz hinten ist noch ein Platz. Vorne spricht die neue Bischöfin:


So denke ich.
Sie hat aber Stöckelschuhe und wie ich erfahren habe, unterwirft sie sich den Männern, damit diese sie lieben. Sie vergibt gerne Fehler, die gemacht werden dürfen.

Sie spricht von Jugendlichen und deren Böses. Nach Statistik. Die gewählt ausgesucht werden kann, wie diese Statistik benutzt werden kann.

Und stellen Sie sich vor: wenn Sie das richtig tun, dann gibt es keine bösen Jugendlichen mehr mit Straftaten. Ist das nicht putzig. Alle nicken. Ach so geht das.

Sie sind alle stolz mit ihrer neuen Chefin. Ja genau, so geht das.

Sie trägt den stolz die Statistik vor: Tue nichts Böses, sondern das Gute.

Ich stelle mir das so vor, dass sie in den allerersten Lebenstagen von ihrer Mutter oder ihrem Vater, der evtl. abwesend war, ständig angeschrien wurde, dass sie geschlagen wurde, vor allem ins Gesicht, sodass sie als Säugling und später als Kind gar nicht mehr wagte, ihre eigenen Gefühle der Empörung über ihr Leid zu äussern, sodass sie nun als Erwachsene genauso handelt, wie sie erzogen worden ist, aus einer Brutstätte des Hasses heraus, welche sie mit Freundlichkeit begegnen musste, sodass sie nun unter der Maske der Freundlichkeit das Böse hinwegphantasiert, dieses aber immer noch bekämpfen muss bei Unschuldigen, indem sie diese kriminalsiert, so wie sie kriminalisiert worden ist in den ersten Tagen, so wie es mit Hitler geschehen ist, der seinen Hass kompensierte an lauter Unschuldigen. Die wenn sie sich wehren, mit getürkten Anzeigen und falschen Anschuldigungen überzogen werden, damit sie sich nie mehr wehren können. So wie sie es erfahren hat. Wenn so jemand an führender Stelle steht, die ausschlussgebend ist für das Wohl oder Unwohl der Bevölkerung, dann ist das natürlich fatal und leidvoll für alle Untergebenen, die sie maskenhaft in ihre Liebe zwingen muss, die in Wirklichkeit keine ist, da sie nie Liebe kennenlernen.

Ein erhobener Zeigefinger ist auch Gewalt. They wasn't amused.

In einem anderen Stadtteil, am Bröckerweg. Im Jahre 2006:
Das Jahr spielt keine Rolle, weil lange davor und danach das angefangen hat und weiter so vor sich geht:


Höre mit an, jede Nacht, wie die männlichen Kinder der türkischen Nachbarn Nacht für Nacht zum Gebet gezwungen werden und aufstehen müssen. Sie weinen. Sie wissen nicht, was los ist.

Sehe jeden Tag, wie junge Frauen, junge Mütter am Arm ihrer Mutter vorbeigehen, mit verquollenen Augen, mit blauen Flecken im Gesicht und unsicherem Blick. Die Mutter redet auf sie ein: Es geht vorbei, mach nichts, tu nichts, sonst wird es nur noch schlimmer.
Die Polizei - der verlängerte Arm der Enteignung der Öffentlichkeit - kommt und geht wieder und schaut weg und hört nicht und kriminalisiert und warnt und droht dem inneren Kinde, niemals dem Täter. Legt mit Gewalt den Geist des Räubers aufs Gemüt, was dem harten Mann gefällt, der dann weiter seine Wiederholungstaten den Unschuldigen aufzwingen kann, ganz im Sinne der Schwarzen Erziehung.

An einem bestimmten Tage, als ich nicht gerade mal wegschaute, es können aber auch alle Tage gewesen sein in diesem Jahrhundert in irgend einem bestimmten Monat, es können aber auch alle Monate jeden Tag gewesen sein
kommt aus der Parfümerie Douglas ein weinendes schluchzendes Kind an der Hand der Mutter heraus.
Ich dachte immer, die Wachmänner wären da, um diese weinenden Kinder zu trösten.

An irgend einem anderen bestimmten Tag oder an allen Tagen, stehen Kinder noch vor der Parfümerie Douglas, angemalt, mit Tüten Douglas in den Händen, sie reden wie Erwachsene in gezierten Tönen. Solcherarts wird vom Kapitalismus gefördert. Ich frage mich jetzt, ist das seelische oder schon sexuelle Gewalt, die den Kindern hier angetan wird. Von den Frauen von der Parfümerie. Ich stelle mir vor, dass diese Frauen als Kindern genauso hochnäsig und realitätsverletzend behandelt worden sind. Nur so kann ich mir Alles erklären. Nur so ist alles zu erklären. Sie fangen jetzt beizeiten in aller Öffentlichkeit bei den Kindern an. Sie müssen sich nicht mehr verstecken, es geschieht alles unter der Maske der Freundlichkeit, der Missbrauch.

Was tust du Schwester, Geliebte? Ich stecke in einer Sinnkrise.

"Die systematische Spaltung von Frauen untereinander ist ja gerade seit seinem Beginn eine der wichtigsten Stützen des Patriarchats." (Claudia von Werlhof, Bern 2003)


Muss lachen, als ich dies hier lese im Artikel von Claudia von Werlhof:


GWR: Was die Kritik der Szene anbelangt, so stören dich da auch einige kulturelle Dimensionen. Vor allem, was junge Anarchisten betrifft, die sich in der autonomen Szene verankert sehen, was ich ja auch tue.

Claudia von Werlhof: Ja, das stimmt. Also zunächst die ästhetischen Dimensionen. Das ist alles immer recht düster, die Farben - wenn man überhaupt von Farben sprechen kann - spiegeln das wider.

Schwarz dominiert. Lebewesen wie Tiere - außer vielleicht Hunde - oder Pflanzen sind nicht vorgesehen. Die Sinne werden nicht angesprochen. Es gibt keine Musik, es sei denn die ganz harte. Man trifft sich im Keller und bleibt dort sitzen, auch im Sommer.

Dann finde ich, dass die Leute alle sehr für sich alleine sind. Die gegenseitige Wahrnehmung finde ich extrem eingeschränkt. Also jeder ist eine Elite für sich und stellt das dann auch zur Schau. Es gibt dann entsprechende äußerliche Attribute, die dazugehören.

Aber diese Attitüden und Moden wirken nur dramatisierend und ich denk mir oft, was soll der Aufwand? Ich meine, ja, es gibt was Bohemehaftes dran und das ist auch sympathisch - aber dann fehlt auch schon wieder die künstlerische Seite davon, die die Boheme ja immer ausgezeichnet hat. Zudem fehlt oft dieser Impuls, dass man jetzt wirklich etwas machen will, dieses Sich-die-Ärmel-Hochkrempeln, von dem ich gesprochen habe, diese Lust daran, gemeinsam etwas Neues aufzubauen. Ich habe in diesen Zusammenhängen oft den Eindruck, das ist eine Sackgasse.

GWR: Offensichtlich ist auch, dass die Szene von Männern dominiert ist. Du meintest ja, dass die Szene von vornherein auf viele Frauen unattraktiv wirkt.

Claudia von Werlhof: Klar, Frauen kommen in der Szene kaum vor. Die wenigen Frauen, die man sieht, wirken meist ziemlich unglücklich, zumal die sich ja offenbar als Männer oder als so etwas Ähnliches wie Männer beweisen müssen.

Oder sie werden nur als Beiwerk akzeptiert. Die Szene wirkt auf viele Frauen von vornherein unattraktiv. Das ist eine Männerszene. Auf deine Veranstaltung ging ich beispielsweise mit einigen anderen Frauen, die die Szene nicht so kannten.

Die gingen raus und meinten: "Nein, das ist nichts für uns, da geht es nicht lang." Dabei ging es nicht primär um politische Differenzen, sondern um die Atmosphäre. Da fehlen "weibliche Elemente", was auch immer das genau heißen mag. Ich meine damit vor allem etwas Fröhliches, Witziges, Quirliges. Es geht ja selten wirklich humorvoll zu. Und so geben wenige Frauen ihre Kraft da hinein, das merkt man genau. Es fehlen die lebendigen und zukunftsweisenden Elemente.

Aber ohne die hat die Szene keine Chance. Wenn es keine lachenden Frauen gibt, kannst du die Sache vergessen.


Diese verhärmten mitunter humorlosen Frauen dieser Szene. Genau das war meine Sinnkrise, ich habe "meine" anarchistischen Schwestern ausgerechnet dort gesucht, wo sie nun mal gar nicht sind. Oder liess ich mich leiten von der "Verbundenheit allen Seins" (Claudia von Werlhof), um dann darüber den richtigen Weg zu finden. Puh, du machst mir jetzt ganz schön Kopfschmerzen, Schwester, die ich zur Geliebten haben wollte. Bist du An-Arche also gegen die Gebärmutter, kann ja auch nicht sein oder? Oder bist du A-Kratie? Ich muss nachdenken, das macht mir jetzt echt zu schaffen. Verkehrung des Patriarchats. Denn jene Frauen, die im Patriarchat arbeiten, wollen die gleiche Macht wie die Männer, sie fühlen sich nicht ausgebeutet, ach so. Denn jene Frauen, die als Säuglinge auf dem Wickeltisch lagen zur werdenden Frau, werden zu jener Macht erzogen, geschlagen, gedemütigt, die sie missbraucht, um fortan das Lied des Unterdrückers zu singen.

Auf dieser Basis der Einforderung von Würde und Menschlichkeit ALLER wird ein Schuh daraus, wenn es nichts mehr zum Plündern gibt, dann erfolgt das grosse Aufwachen.

Genau, wenn es keine lachenden Frauen gibt, kannst du die Sache vergessen. Die von Douglas lachen manchmal. Hier im Hause habe ich noch nie eine der Frauen richtig lachen gehört, ausser über mich, aber das gehört zur Kriminalisierung mit dazu.
Ich habe ganz schön was aufzuarbeiten. Hausaufgaben machen. Setzen. Sex.
1. Die alten Wunden können erst vernarben, wenn sich das ehemalige Opfer zur Veränderung entscheidet, sich Respekt entgegenbringen will und so die Erwartungen des Kindes weitgehend aufgeben kann.

2. Die Eltern ändern sich nicht automatisch durch das Verständnis und die Vergebung des erwachsenen Kindes. Nur sie selbst können sich verändern, wenn sie wollen.
3. Solange die aus den Verletzungen entstandenen Schmerzen verleugnet werden, zahlt jemand den Preis an Gesundheit, das ehemalige Opfer oder dessen Kinder.

aus: http://www.alice-miller.com/bucher_de.php?page=11 Seite 108.
Valjean - 22. Sep, 13:29

Kirche keine Hilfe

Von Theologen ist leider keine Hilfe bei der Aufklärung über die Ursachen von Kriminalität und anderen destruktiven Verhaltensweisen zu erwarten. Nächstenliebe kann man nicht durch Predigten erlernen. Sie entsteht ganz früh in einer sicheren Bindung in der ein Kind erlebt, dass seine Bedürfnisse und Gefühle beantwortet und respektiert werden. Diese einfache Tatsache wollen aber viele Menschen nicht wissen und sie brauchen dann Erklärungen die ihren Frieden nicht stören.

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